Pünktlich zum 500-jährigen Bestehen wurde das Vordere Amtshaus in Diessenhofen umfassend saniert und Instand gestellt. Entstanden sind 9 Wohnungen, welche sich entlang des ursprünglichen Handelsweges aufspannen und diesen erlebbar machen. Gewohnt wird in den historischen Handels- und Lagerräumen. Die Sanierung des als «besonders wertvoll» eingestuften Schutzobjektes bot die Chance, das teilweise gestörte Erscheinungsbild zu berichtigen und zeitgemässes Wohnen im Baudenkmal zu ermöglichen.
Das Domkapitel Konstanz liess das Amtshaus zwischen 1518-1523 erbauen. Die Stadt bewilligte damals ausnahmsweise einen Neubau ausserhalb der Stadtmauer, unmittelbar am Rhein, mit einem grossem Tordurchbruch durch die Wehrmauer. So konnten die mit Schiffen angelieferten Waren direkt vom Rhein in die Keller des Amtshauses und von dort über eine interne Erschliessung in die Altstadt transportiert werden. Von Umbau- und Renovationsarbeiten zwischen 1731-1750 zeugt eine barocke Innenausstattung mit Holztreppe, Stuckdecken, bemalten Täfer- und Felderdecken sowie einem schwarz glasierten Kachelofen. Nachdem das Gebäude um 1800 in Privatbesitz kam, betrieb die Familie Toggenburger hier zwischen 1813-1880 eine Stofffärberei und -druckerei. Nach Aufgabe des Färbereigewerbes in den 1880er Jahren diente es als Wohnhaus und erfuhr im Laufe der Zeit diverse strukturelle und formale Verunklärungen.
So reduziert wie das Gebäude von Aussen in Erscheinung tritt, so üppig und dicht ist die Themenvielfalt im Gebäudeinnern. Der grosszügig dimensionierte „Handelsweg“ vom Rheinniveau bis zum Zugang zur Altstadt auf der Stadtmauer im 3. Obergeschoss wurde im Rahmen der Sanierung freigespielt und die ursprüngliche Wegführung wieder hergestellt. Er ist zentrales Element, mit groben Stuckdecken, einem Beichtstuhl und einer prägnanten Treppenanlage mit grosszügigen Vorzonen. Entlang dieser Erschliessung sind heute die einzelnen Wohnungen erschlossen.
Gewohnt wird in den historischen Lager und Handelsräumen, überhoch, teilweise üppig bis prunkvoll ausstaffiert mit Stuckdecken, Wand- und Deckenmalereien und grossformatigen Holzböden. Jede Wohnung ist anders und auf die historischen Gegebenheiten abgestimmt – die Geschichte allgegenwärtig. Aus den Wohnungen hat man traumhafte Ausblicke auf Rhein, Rheinbrücke oder in die Altstadt. Der Übergang von der Erschliessungszone zu den Wohnungen ist so ausformuliert, dass Sicht- und Lichtbezüge entstehen und als Begegnungszone zum erweiterten Wohnraum wird.
Durch Rückbau diverser Verunklärungen und notwendigen statischen Massnahmen wurde das Gebäude partiell in den Rohbau zurückgeführt.
Die darauffolgenden baulichen Eingriffe sind durchgängig auf den Bestand abgestimmt: teilweise als Reparatur in Form einer Restauration, Ergänzungen mit Materialien aus dem Bauteilarchiv oder Erneuerungen analog dem Bestand. Neue Elemente wie die inneren Verglasungen, die Küchen mit Buffets oder die neuen Badezimmer ergänzen den Bestand additiv. Die Materialisierung und Farbgebung orientiert sich entsprechend dem Ursprung an einer klösterlichen Architektur.